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Tonnenschwere Klumpen, überhitzte Pumpen, hohe Kosten
Fürs Baby, das Gesicht oder die Badreinigung: Für jede Situation gibt es heutzutage Feucht- und Reinigungstücher. Da sie praktisch sind, verdrängen sie in immer mehr Haushalten das herkömmliche Klopapier, den Waschlappen und das Putztuch. Zu einem Problem werden sie allerdings, wenn man sie nach der Benutzung in die Toilette wirft.
Eine aktuelle Studie zu diesem wenig appetitlichen Thema der Montanuniversität Leoben belegt, dass die Entsorgungskosten von Feuchttüchern fast dreimal höher sind als der Preis für die Tücher selbst. „Das Hauptproblem ist der hohe Kunstfaser-Anteil bei den meisten Feuchttüchern“, sagt Martin Wellacher, Leiter der Studie. Es gilt nämlich: Je höher der Kunstfaser-Anteil bei den Trägermaterialien, desto reißfester und weniger abbaubar seien die Produkte. Da die Reißfestigkeit allerdings für viele VerbraucherInnen zum Qualitätsmerkmal gehöre, seien Naturfaser-Produkte von vornherein Mangelware, zuhause sowie im Kanal.
Wellacher und sein Team untersuchten aber nicht nur die Beschaffenheit der Tücher, die sie in der Kanalisation fanden. Gleichzeitig wurden die unterschiedlichsten Verwendungszwecke erhoben – wie etwa für die Desinfektion der Hände, die Reinigung der Toilette oder – ganz kurios – die Kuheuterreinigung in der Agrarwirtschaft. „All diese Tücher verstopfen die Pumpen, verursachen zusätzliche Wartungskosten und müssen schlussendlich im Klärwerk herausgefischt werden“, erklärt der Experte für Abfallverwertungstechnik. Dieses Problems ist man sich auch in Tirol bewusst. „Es ist interessanterweise eine Frage der Kultur. In Südamerika zum Beispiel ist es ganz normal, dass selbst das Toilettenpapier im Müll und nicht im Klo landet“, sagt Stefan Wildt von der Abteilung für Wasserwirtschaft des Landes Tirol. Hierzulande sei man andererseits so verwöhnt, alles die Toilette hinunterzuspülen, dass es einer starken Öffentlichkeitsarbeit bedürfe, die die Menschen zu einem Umdenken der Spülregeln bringe. Nicht nur die Feuchttücher würden ein Problem darstellen, sondern etliche weitere Stoffe, die vom Biomüll über Textilien bis zu Medikamenten reichen. Aus diesem Grund hat es sich die „IG KlärWert“, der mehr als 200 Tiroler Gemeinden angehören, zur Aufgabe gemacht, Bewusstsein gegen Abfall im Abfluss zu schaffen. „Denk KLObal – schütz den Kanal“ ist eine vom Land Tirol geförderte Kampagne. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass der Kanal keine Müllabfuhr ist. Alles, was im Klärwerk landet und nicht dorthin gehört, bringen wir nämlich ohnehin zur Abfallanlage der Gemeinde“, sagt Josef Dengg, Obmann der „IG KlärWert“ und Geschäftsführer des AIZ-Abwasserverbands Achental – Inntal – Zillertal.
Der Rechen im Klärwerk fische nämlich alles Grobe aus den Klärbecken, was nicht hineingehöre – wie auch die Feuchttücher. „2017 hatten wir allein in unseren 32 Gemeinden eine Rechengutmenge von insgesamt 270 Tonnen. Das bedeutet zusätzliche Kosten in der Höhe von 58.000 Euro“, so Dengg. Diese Mehrkosten würden sich wiederum in Form von erhöhten Abfallentsorgungskosten bei den Gemeinden und in Folge bei den Bürgern niederschlagen. Doch nicht nur das. Das Gewebe von Feuchttüchern ist so stark, dass es sich bereits in den Rohren zu fiesen Strängen verbindet und hängen bleibt: „Es bilden sich richtige Zöpfe, die sich um die Pumpen wickeln“, erklärt Matthias Prosser vom Abwasserverband Hall in Tirol – Fritzens. An diesen Zöpfen blieben auch andere Stoffe hängen, was alles zusammen einen äußerst unappetitlichen festen Klumpen ergebe.
Die Wartungskosten seien dadurch enorm und unnötig, sind sich alle Experten einig. Deshalb sollen unterschiedliche Kampagnen den TirolerInnen beibringen, dass das Klo kein Mistkübel ist, sondern nur einem Geschäft dienen soll. Nämlich dem, das allen Beteiligten Erleichterung und nicht Kosten bringt. Der Mistkübel hat nebenbei sicher auch noch Platz.
Diese Dinge gehören nicht in die Toilette
- Feuchttücher
Da sich Feuchttücher im Wasser nicht auflösen oder zersetzen, verstopfen sie Toiletten, Abflussrohre und ganze Kanalstränge. - Essensreste
Kommen Essensreste in den Kanal, wird er zum Paradies für Parasiten und Ratten. Diese vermehren sich und klettern durch alle Rohre. - Medikamente
Medikamente sollten nicht in Klo und Kanal landen, weil ihre Inhaltsstoffe im Grundwasser enden können, was die Umwelt belastet. - Öl & Fette
Wer kennt ihn nicht, den „Fatberg“ von London? Auch wenn dieser inzwischen als Kunstwerk im Museum steht, sollten solche Gebilde nicht neu entstehen können.